Kommentar

Das Grundgesetz, die Demokratie und der ganze Rest

Petra Nielsen
Gründungsmitglied
„75 Jahre Grundgesetz, Deutschland feiert die Demokratie’“ heißt es derzeit auf der Seite der Bundesregierung. Es gab ein Demokratiefest in Berlin, Bürgerinnen und Bürger konnten mit den Ministerinnen und Ministern sowie dem Kanzler ins Gespräch kommen.1
a close up of a person reading a book

Es ist ein guter Anlass, darüber zu reflektieren, wie stark gefährdet unsere Demokratie – in Deutschland und vielen anderen Ländern –  momentan ist. Durch rechte Parteien, durch Desinformationskampagnen, durch Lobbyismus, durch die ökologischen Krisen. 

In Artikel 20a des Grundgesetzes heißt es:

„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

Das wichtige Thema der (ökologischen) Generationengerechtigkeit steckt auch im Grundgesetz. Die politischen Rahmenbedingungen für eine lebenswerte Zukunft der jungen Generation sind also – in der Theorie – gar nicht mal so schlecht.

Der Artikel ist 2002 geändert worden, damals hielt der Tierschutz Einzug in den Artikel, indem „und die Tiere“ ergänzt wurde. Die alte Version wurde im Oktober 1994, 45 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen. Dem voraus gegangen waren teils heftige wissenschaftliche und parteipolitische Diskussionen. Staatsziele bezeichnet der Jurist Werner Hoppe als „Richtlinie und Direktive des staatlichen Handelns“, sie sind aber nicht einklagbar. Vor allem die Grünen traten in den frühen 80er Jahren dafür ein, dass Umweltverschmutzung ein einklagbares Grundrecht wird. Damit sollten Bürgerinitiativen oder Verbänden die Möglichkeit zur Klage gegeben werden. Im Dezember 1983 lehnte eine Sachverständigenkommission des Innenministeriums dies allerdings ab.2

Dies bedeutet nach wie vor: Nur mit Verweis auf den Artikel 20a  kann man nicht vor Gericht ziehen. Er reicht allein nicht aus, um jemanden zu verklagen. Dennoch ziehen Gerichte den Artikel 20a in Verfahren zur Auslegung heran.

Ich beende jetzt diesen Artikel und wünsche mir als nächste Festivität „80 Jahre Grundgesetz. Deutschland feiert den Klima- und Artenschutz und seine Bedeutung für den Erhalt unserer Demokratie und die Umsetzung der Menschen- und Kinderrechte“.

Ihre Petra Nielsen,
Vorstandsmitglied

Quellen:

1 https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/75-jahre-grundgesetz

2 https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2013/47447610_kw49_grundgesetz_20a-213840

3 https://www.deutschlandfunkkultur.de/25-jahre-artikel-20a-des-grundgesetzes-das-staatsziel-100.html

Petra Nielsen
Gründungsmitglied
Petra Nielsen ist Pädagogin und war lange im Bereich der Umweltbildung für Kinder und Jugendliche tätig. Die zweifache Mutter ist seit Jahren in der Klimabewegung aktiv, engagiert sich für Klimagerechtigkeit und Chancengleichheit und hat mehrere Initiativen mitbegründet.